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Jahresbilanz 2022: Kulturdirektion | Stadtmuseum | Stadtarchiv

19.12.2022 |
im Bertuchhausim Bertuchhausim Bertuchhaus

2022 im Stadtarchiv - Digitalisierung von Tonbändern und Filmen

Vor Jahren besuchte eine Studentin aus Kolumbien das Stadtarchiv. Sie komme aus einer der lautesten Städte der Welt und die Stille Weimars wirke auf sie dagegen unwirklich, ja unheimlich. Deshalb suchte sie für ein Kunstprojekt nach archivierten Geräuschen und Tönen der Stadt. Leider konnten wir ihr damals nicht wirklich helfen. Dass deutsche Archive auffällig „tonlos“ daherkommen, ist schon öfter bemerkt und kritisiert worden. Auf der Suche nach Tonquellen stießen wir auf Magnetbänder aus den 1960er Jahren, die sich noch in ihren Originalhüllen befanden und die schon lange keiner mehr abspielen konnte. Doch noch gibt es Spezialfirmen, die diese uralten Formate auslesen und in digitale Dateien überführen können. Das Ergebnis war überraschend. Die Tonaufnahmen haben sich über mehr als 60 Jahre erhalten und können wieder in größter Klarheit angehört werden. Da ist z.B. die Festsitzung zur Schiller-Ehrung 1959, die Festveranstaltung zum 20. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald 1969 und die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung zur Wahl von Franz Kirchner als Oberbürgermeister 1970. Ein Schwerpunkt der Überlieferung bilden die Plenartagungen der Stadtverordneten der 1980er Jahre. Hier lässt sich gelebte „sozialistische Demokratie“ hören, mit ihrer Phrasendrescherei, aber auch mit sachlichen Diskussionen. Wer über Dialekte forscht, dürfte ebenfalls auf seine Kosten kommen.

Die dringend notwendige Digitalisierung audiovisueller Medien bildete den Hauptschwerpunkt der Archivarbeit im Jahr 2022. Deshalb wurden auch nicht mehr abspielbare Videokassetten (VHS) und Fernsehformate (Betacam) digitalisiert sowie CD-ROM und DVD gesichert. So kam enorm viel Film-Material über Weimar zusammen, nicht wenig davon ist neu und bisher noch ungesehen. Um dieses rasch zu sichten, sucht das Stadtarchiv Ehrenamtliche, die dabei helfen. Bei Interesse melden Sie sich bitte unter der Telefonnummer (03643) 762-532. Zur nächsten Museumsnacht am 13. Mai 2023 sind erste öffentliche Vorführungen des historischen Filmmaterials geplant. So darf man sich auf Filme über die jährlichen Demonstrationen zum 1. Mai freuen, wie sich diese zwischen 1955 und 1972 vom militärischen Aufmarsch zum fröhlichen Volksfest entwickelten.

Stadtmuseum Weimar im Bertuchhaus

Das Stadtmuseum Weimar im Bertuchhaus und sein aktiver Freundeskreis konnten sich 2022 darüber freuen, dass nach den herben Einschränkungen der „Corona-Jahre“ Besucherinnen und Besucher die breitgefächerten Kulturangebote wieder verstärkt nutzten.

Als Auftakt zur Modernisierung und Neugestaltung der Dauerausstellung des Stadtmuseums Weimar hat das Team um Johannes Romeyke, Weimar, in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum den Film „Weimar. Mythos und Wahrheit“ von 28 Minuten Länge produziert, der bei freiem Eintritt die Gäste in den Werdegang und in die janusköpfige Geschichte unserer Stadt einführt, vom Ehringsdorfer Urmenschen bis zur Gegenwart.

Den Auftakt der Sonderausstellungen bildeten Werke von zwei Künstlern, die der modernen Formgestaltung verpflichtet sind: Figuren und Plastiken von Benedikt Solga, Schleusingen, sowie Formen und Modelle in Holz von Peter Broda, Weimar-Süßenborn.

Die Jahresausstellung in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis des Goethe-Nationalmuseums, kuratiert von Dieter Höhnl, Weimar, würdigte den Dichter Christoph Martin Wieland als einen bedeutenden Wegbereiter der neuen deutschen Literatur. Sie zog über 5.000 Besucher an.

2022 erinnerte das Stadtmuseum an den 200. Todestag sowie an den 275. Geburtstag seines „Hausherrn“ Friedrich Justin Bertuch. Dr. Rudolf Wendt kuratierte eine Kabinettausstellung mit Zeichnungen von Alma Froriep, der Urenkelin Friedrich Justin Bertuchs. Eine große Modenschau brachte einem begeisterten Publikum die Bekleidung der Zeit um 1800 näher. Dr. Jens-Jörg Riederer dokumentierte anschaulich die Nutzungsgeschichte der Wohn- und Geschäftsgebäude Bertuchs in einer weiteren Ausstellung. Hierzu erschien auch eine fundierte Publikation.

Die Ausstellung zum Jahreswechsel mit der Thematik „Ankleidepuppen aus Papier“ konnte sich aus den reichhaltigen Sammlungen des Bertuchhauses bedienen. Barbara Engelmann, Stadtmuseum Weimar, hat hier als Kuratorin am Ende ihres Berufslebens großes Fachwissen einbringen können.

Die informative Wanderausstellung „Auf dem Weg zur modernen Demokratie“ der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratiegeschichte ist noch bis Januar 2023 zu sehen.

Die große Sommerausstellung in der Kunsthalle „Harry Graf Kessler“ mit wunderbaren Bildern in der Tradition der Weimarer Malerschule des leider kürzlich viel zu früh verstorbenen Künstlers Heinz Schäfer wird Kunstkennern in sehr guter Erinnerung bleiben.

Als jüngste Weimarer Schrift der Traditionsreihe „Weimarer Schriften“ erschien 2022 das reich illustrierte Heft 74 von Bernd Mende: „Löwe, Adler, Rautenkranz. Fürstliche Wappen in Weimar“. Der Denkmalexperte und Autor präsentiert kenntnisreich einen chronologischen Gang durch die Geschichte der fürstlichen Wappen Weimars. Diese kunstgeschichtlich wertvolle Publikation sollte in keiner Weimar-Bibliothek fehlen.

Ausstellungen und Projekte des Fachreferates Bildende Kunst der Kulturdirektion

1.     Weimarer Künstlerinnen und Künstler stellen in der Kunsthalle „Harry Graf Kessler“ aus

Nach den pandemiebedingten Einschränkungen im Ausstellungsbetrieb der Kunsthalle „Harry Graf Kessler“ in diesem Jahr freuten sich Künstler und Besucher gleichermaßen über die Aufnahme des regulären Ausstellungsbetriebs. Die Kulturdirektion der Stadt Weimar sieht sich in der Verantwortung, vornehmlich den Weimarer Künstlerinnen und Künstlern in der Kunsthalle „Harry Graf Kessler“ ein Ausstellungspodium zu geben.

DER WEIMARHALLENPARK. FRAGMENTE ZUR GESCHICHTE UND GEGENWART

Konstantin Beyer

Gern folgten die Besucher der Einladung zur Teestunde (08.01., 15.01., 22.01.2022) im Weimarhallenpark bei der Galerie Eigenheim

UNTERWEGS – ZUHAUSE

Horst Jährling (1922-2013)

Zum 100. Geburtstag würdigte die Stadt Weimar den Maler und Weimarpreis-Träger Horst Jährling mit einer Jubiläumsausstellung in der Kunsthalle Harry Graf Kessler. Bereits der Titel UNTERWEGS – ZU HAUSE spiegelt die Begeisterung Horst Jährlings wider, seine Heimat bildlich festzuhalten. „Seine Bilder nehmen uns mit in das gründerzeitlich geprägte Apolda, in die umliegenden Dörfer Weimars und Thüringer Landschaften, gezeichnet durch grüne Felder, Wälder sowie sich hoch auftürmende Wolkengebilde. Aber auch die Insel Rügen und barocke französische Kathedralen sind wiederkehrende Reiseziele und damit Bildmotive in Jährlings Leben.“, schreibt Sibylle Wuttke, Enkelin des Künstlers, im Begleittext zur Ausstellung.

26.02. – 15.05.2022

the brain, the brush and the pencils

Michael Geyersbach

Als Installations- und Sprachkünstler hat sich Michael Geyersbach mit zahlreichen Kunstinterventionen im öffentlichen Raum weit über die Grenzen Thüringens Beachtung und Anerkennung erworben. Erstmals standen die Tagebücher des Künstlers im Zentrum einer Werkschau - komplementiert durch Digitalprints. Mitte der neunziger Jahre bis in die jüngste Gegenwart entstanden, geben die Arbeiten allesamt Einblick in einen unbeschwerten, nahezu spielerischen Umgang des Künstlers mit Stift und Pinsel – „ein symbiotisches Neben- und Übereinander von Wort und Bild“ so Geyersbach. Gern nutzten die Kunstliebhaben die Gelegenheit, gemeinsam mit Michael Geyersbach in seinen Tagebüchern zu blättern (16.10.,23.10.2022).

24.09. bis 06.11.2022

Die Stadt Weimar und die ACC Galerie waren auch 2022 wieder Gastgeber für drei Künstlerinnen und Künstler des Internationalen Atelierprogramms

Von Februar 2022 bis einschließlich Januar 2023 sind die von einer Fachjury ausgewählten Künstlerinnen und Künstler Dania González Sanabria (Kuba), Audino Jose Diaz Ramos (Venezoela) und Jessica Wetherly (Großbritanien) für jeweils vier Monate im Städtischen Atelierhaus in Weimar zu Gast. Während ihres Aufenthaltes haben sie sich mit dem Thema Wald vor lauter Bäumen – The Forest for the Trees künstlerisch auseinandergesetzt.

Die Kubanerin Dania González Sanabria aus Havanna, *1990, möchte mit Ánima (Die innere Landschaft) eine Installation aus Objekten und Materialien schaffen, die von Menschen aus der Region Weimar gespendet wurden und von denen sie glauben, dass die gespendeten Dinge auf bestimmte Zeiten oder Erinnerungen an ihr Leben und ihre Gesellschaft reagieren können. Der in Puebla, Mexiko, lebende Venezuelaner Audino Jose Diaz Ramos, *1973, möchte mit Hidden Forest - Versteckter Wald eine Werkserie über das Erkennen des in Alltagsgegenständen verborgenen Rohmaterials entwickeln. Bei Spaziergängen durch die Straßen Weimars hat er Holzobjekte auswählt, um ihnen, später eingreifend, Teile ihrer Natur zurück zu bringen. Auf diese Weise werden Wälder rekonstruiert, imaginiert und die Notwendigkeit spürbar gemacht, in diese Räume zurückzukehren und sie als lebenswichtige Organismen für das menschliche Leben anzuerkennen. Die in London lebende Jessica Wetherly, *1989, erforscht in Weimar und Thüringen The upside down - Das Verkehrtherum:  Ein Abstieg in die Dunkelheit, um das Bindegewebe zwischen Bäumen und Pflanzen, eines der produktivsten Netzwerke, zu finden, das mit Amazon, Google und Facebook mithalten kann.

1994 von der ACC Galerie und der Stadt Weimar ins Leben gerufen, ist das Internationale Atelierprogramm das älteste im Freistaat Thüringen. Bislang waren 78 Künstler*innen aus aller Welt in Weimar zu Gast. Die Stadt Weimar verfolgt mit dem Atelierprogramm das Ziel, Künstlerförderung und Präsentation zeitgenössischer Kunst miteinander zu verbinden und den internationalen Kulturaustausch zu fördern.

2.      Endlich wieder Museumsnacht!

Nachdem pandemiebedingt die Weimarer Museumsnacht in den letzten beiden Jahren ausfallen musste, öffneten am Samstag, dem 14. Mai, endlich wieder Museen, Galerien, Archive und Kirchen zu nächtlicher Stunde ihre Türen. Groß war der Ansturm der ganz Mutigen zum nächtlichen Rundgang im Museum für Ur- und Frühgeschichte, wo insgesamt 2.500 Besucher das vielfältige Angebot nutzten. Ausgerüstet mit bunten Rucksäcken und Gürteltaschen bewegten sich Kinder und Jugendliche durch die Stadt und brachten ihre Wünsche und Träume von ihrem Museumsstadtviertel eifrig zu Papier. Als großes Wohnzimmer präsentierte sich der Weimarhallenpark zur Geburtstagsfeier der Galerie Eigenheim bis in die späten Nachtstunden. Das Bauhaus-Museum in unmittelbarer Nachbarschaft stand ebenso wie das nahegelegene Stadtmuseum auf der Tourenliste vieler Nachtschwärmer. Allein 12.100 Besucher verzeichneten die Museen der Klassik Stiftung Weimar zur 22. Langen Nacht der Museen.

3.     Zum 26. Mal veranstaltete die Kulturdirektion in diesem Jahr den TAG DES OFFENEN ATELIERS

Nicht nur Kunstliebhaber nutzten wieder einmal die Gelegenheit zum TAG DES OFFENEN ATELIERS am Samstag, dem 17. September, mit den Kreativen Weimars ins Gespräch zu kommen oder einfach einmal hinter die Kulissen eines Ateliers zu blicken. Die unterschiedlichen Bereiche der zeitgenössischen Kunst vermitteln alljährlich ein vielschichtiges Bild der aktuellen Kunstszene in der Stadt Weimar. Mit der Realisierung des TAGES DES OFFENEN ATELIERS dankt die Stadt Weimar den Künstlerinnen und Künstlern für ihr künstlerisches Wirken regional, national wie auch international.