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Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte startet 2023 mit zwei Veranstaltungen: Zeitzeugengespräch mit Boris Zabarko, Überlebender des Gettos von Schargorod (Ukraine), und Porträt der Dichterin Gertrud Kolmar (1894-1943)

11.04.2023 |
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Das Geschichtsfestival »Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte« lädt unter dem Motto »Tempo, Tempo!« auch in diesem Jahr das Publikum wieder dazu ein, mit zahlreichen renommierten und international angesehenen Experten der Geistes- und Sozialwissenschaften zu diskutieren. Die Hauptveranstaltungen finden vom 03. - 05. November in Weimar statt. Bereits im April bietet das Festival Interessierten wieder zwei Veranstaltungen an:

Am Donnerstag, dem 13. April, berichtet um 19:30 Uhr Boris Zabarko, Überlebender des Gettos von Schargorod, gemeinsam mit Marc Sagnol (Autor und Filmemacher) in der Notenbank Weimar über die weitgehend unbekannte Geschichte dieses Gettos in der Ukraine. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Landeszentrale für Politische Bildung statt und präsentiert einen Ausschnitt aus dem 2020 fertig gestellten Film von Marc Sagnol, der nach Spuren jüdischen Lebens unter anderem in Schargorod sucht. Anschließend spricht er mit Boris Zabarko und dem Publikum über die Geschichte der Gettos.

Und anlässlich des 80. Todestages Gertrud Kolmars begibt sich am Sonntag, dem 16. April, um 18:00 Uhr Ingeborg Gleichauf in der Notenbank Weimar auf die Spuren der jüdischen Dichterin, die im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde. In »Alles ist seltsam in der Welt« porträtiert Gleichauf eine der bedeutendsten deutschsprachigen Dichterinnen. Gedichte und Ausschnitte aus dem Buch werden von der Weimarer Schauspielerin Heike Meyer gelesen.

Beide Veranstaltungen sind bei freiem Eintritt.

Informationen auf www.weimarer-rendezvous.de
Kontakt: Franka Günther, info@weimarer-rendezvous.de, 0170-3332679

Detailinformationen zu den Veranstaltungen:

13.04.2023, 19.30 Uhr · Notenbank Weimar
Ein Überlebender des Gettos von Schargorod (Ukraine) berichtet: Boris Zabarko (Kiew/​Stuttgart) im Gespräch mit Marc Sagnol (Paris/​Erfurt)

Eine Veranstaltung des Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte in Kooperation mit der Landeszentrale für Politische Bildung

Boris Zabarko überlebte als Kind in der Ukraine das Getto Schargorod. Als Historiker hat er es sich später zur Lebensaufgabe gemacht, Berichte von Überlebenden des Holocaust in der Ukraine zu sammeln und zu veröffentlichen.

Zwischen 1999 und 2013 sind in Kiew sechs Bände der von Zabarko gesammelten Zeugenberichte unter dem Titel »Мы хотели жить« (»Wir wollten leben«) erschienen (2004 dt. Übersetzung, Neuauflage 2016: »Nur wir haben überlebt: Zeugnisse und Dokumente«). 2013 erschien in Kiew ein weiterer Band seiner Zeugenberichte, der nun in Deutsch vorliegt und mit einem kritischen und historischen Apparat versehen ist: »Leben und Tod in der Epoche des Holocaust in der Ukraine« (Metropol Verlag 2019).

Seit 2004 ist Boris Zabarko Präsident der ukrainischen Vereinigung jüdischer ehemaliger Häftlinge der Gettos und nationalsozialistischen Konzentrationslager. Anfang März 2022 musste er aus Kiew fliehen, um seine Enkelin und sich in Sicherheit zu bringen.

Marc Sagnol ist Philosoph, Filmemacher und Autor und hat sich intensiv mit der jüdischen Geschichte in der Ukraine beschäftigt und die Orte aufgesucht, in denen Zabarko seine Jugend verbrachte und von denen die Zeitzeugen im Buch berichten. Es sind die ehemaligen Gettos Schargorod, Berschad und Tultschin. In seinem Film »Die Wasser des Bug« (2020) lässt Sagnol Überlebende aus diesen Gettos zu Wort kommen, die Zabarko persönlich sehr gut kennt oder gekannt hat.

Die Veranstaltung präsentiert einen Ausschnitt (ca. 15 mn) aus dem Film von Marc Sagnol, bei dem er insbesondere nach Schargorod reist. Anschließend spricht er mit Boris Zabarko und dem Publikum über die weitgehend unbekannte Geschichte der Gettos im damals »Transnistrien« genannten Teil der Ukraine.

Die Veranstaltung ist in russischer und deutscher Sprache.

16.04.2023, 18.00 Uhr · Notenbank Weimar 
Ingeborg Gleichauf: »Alles ist seltsam in der Welt« –
Gertrud Kolmar. Ein Porträt

Zum 80. Todestag von Gertrud Kolmar im März 2023
Aviva Verlag 2023

Gertrud Kolmar (1894–1943) gilt als bedeutende deutschsprachige Dichterin. Trotz ihres großen Ranges ist die jüdische Schriftstellerin jedoch bis heute nicht ausreichend gewürdigt worden. Kolmar hat Gedichte, Dramen und Prosa geschrieben und ein spannendes Briefwerk hinterlassen.

Für ihre heutigen Leserinnen und Leser ist die Lektüre Kolmars mit dem Wissen um deren Ermordung in Auschwitz verknüpft. Da es kaum Fotos von Kolmar gibt, zeigen die meisten ihrer Bücher – wie auch dieses – das melancholische Porträt der Autorin aus dem Jahr 1928. Doch ihr literarisches Werk wie auch ihre Briefe sind mittlerweile gut zugänglich, und sie zeigen ein deutlich vielseitigeres Bild. Gertrud Kolmar ist eine radikale Dichterin, die in keine Kategorie passt. Sie schreibt zart und hart, poetisch, prosaisch, dramatisch, lässt Frauen und Männer, Tiere, Pflanzen und Dinge sprechen. Sie schreibt über Ankommen und Weggehen, Stillstand und Bewegung, über Frau-Sein, Mann-Sein und Kind-Sein, Pflanzen und Tiere, Krieg und Frieden, Fremdheit und Nähe. Und sie tut das nicht nur wortgewaltig und voller starker Bilder, sondern zuweilen sogar komisch bis hin zum Grotesken.

Ingeborg Gleichauf begibt sich auf die Spur der jüdischen Dichterin und porträtiert in »Alles ist seltsam in der Welt« eine vielseitige Schriftstellerin, die uns auch heute noch viel zu sagen hat. Während der Veranstaltung liest Heike Meyer (Schauspielerin in Weimar) Gedichte und Ausschnitte aus dem Buch.

AUSSERDEM:

Das Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte vernetzt sich mit dem Deutsch-Französischen Bürgerfonds
Der Bürgerfonds berät, vernetzt und finanziert Projekte, die die deutsch-französische Freundschaft in der Breite der Bevölkerung erlebbar machen. Franka Günther, die Geschäftsführerin des Weimarer Festivals, ist seit dem 1.4.2023 als Beraterin für Antragsteller aus Thüringen und Sachsen-Anhalt tätig.

www.buergerfonds.eu