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Siegerentwürfe für die Generalsanierung des Deutschen Nationaltheaters Weimar vorgestellt

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Die Entscheidung fiel nicht leicht: Nach umfangreicher Vorprüfung und zweitägiger Jurysitzung wurden am 30. August 2024 die Gewinner des Planungswettbewerbs für die Generalsanierung des Haupthauses des Deutschen Nationaltheaters Weimar (DNT) gekürt. Im Verfahren konnten sich drei Planungsteams unter den zwölf Teilnehmern besonders hervorheben.

Jury würdigt zukunftsweisende Entwürfe

Nach eingehender Analyse der eingereichten Beiträge, intensiven fachlichen Diskussionen und sorgfältiger Abwägung aller Aspekte entschied sich die Jury, drei gleichrangige dritte Plätze zu vergeben. Die Entwürfe der Büros kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH aus Leipzig, RKW Architektur + Rhode Kellermann Wawrowsky GmbH am Standort Leipzig und Studio Qwertz aus Berlin überzeugten durch innovative Ansätze und gelungene Vorschläge zur Verbindung der historischen Substanz mit modernen Anforderungen an ein Mehrspartentheater des 21. Jahrhunderts.

Herausforderungen für die weitere Planung

Trotz der hohen Qualität der prämierten Entwürfe stellte die Jury fest, dass alle drei Konzepte neben ihren guten Lösungsansätzen noch Defizite aufweisen. Kister scheithauer gross architekten schlagen einen schlichten, aber eleganten Anbau hinter dem umgestalteten Bühnenturm vor, die zusammen eine selbstbewusste Komposition ergeben. Die Jury lobte die Kompetenz im Detail des Entwurfs und die Zurückhaltung in der Aufstockung, äußerte aber erhebliche Bedenken hinsichtlich der statischen Auswirkungen auf die bestehenden Fundamente. Bei Ausschluss dieses Eingriffs in die Gründung bleibt offen, ob sich die dort platzierte Lagerfläche trotzdem rücksichtsvoll in der Gebäudehülle unterbringen lässt.

Der Entwurf von RKW Architektur+ beruht auf dem Erhalt und der Restaurierung des historischen Gebäudes am Theaterplatz sowie auf der Aufwertung und Öffnung des Hauses zum Sophienstiftplatz durch einen weithin sichtbaren, hellen und transparenten Dachaufbau. Doch die ästhetisch-krönende Geste ins Stadtbild wird teuer erkauft: Die vielschichtig verglaste Fassade birgt hohe Kosten und erfordert zusätzliche Gebäudetechnik, für die nach Einschätzung der Expertinnen und Experten bisher nicht ausreichend Fläche vorgesehen ist.

Die Arbeit des Studios Qwertz zeichnet sich durch einen besonders behutsamen Umgang mit dem Bestand einerseits und eine - gewissermaßen kontrapunktische - Setzung der erforderlichen baulichen Ergänzung in Richtung Sophienstiftplatzes andererseits aus. Damit gelingt ihm eine - in Bezug auf die Volumetrie des Ensembles - zurückhaltende Gesamtkomposition, so die Jurymitglieder. Kontrovers diskutiert dagegen wurde das Fehlen von 800 qm Lagerfläche sowie das für die Aufstockung vorgeschlagene Erscheinungsbild, dessen Kontrastierung zum Bestand insbesondere in der Hauptperspektive überzogen erscheint.

Juryvorsitzender Jan Hinnerk Meyer, Geschäftsführender Gesellschafter der Meyer Architekten GmbH und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB, erläutert: „Die Aufgabe an die Wettbewerbsteilnehmer war hochanspruchsvoll: Im engen Korsett zwischen räumlichen Limitierungen im Baugrund und in der bebaubaren Höhe sowie klaren Budgetvorgaben galt es, ein umfangreiches Raumprogramm zu integrieren, das den Anforderungen an ein modernes und zukunftsorientiertes Mehrspartentheater gerecht wird. Diese Herausforderung konnte keines der teilnehmenden Büros zu 100 Prozent lösen. Doch die Ansätze sind vielversprechend und wir sind zuversichtlich, dass die Planungsteams im anschließenden VGV-Verfahren glaubhafte Lösungsansätze für den Bearbeitungsbedarfe aufzeigen können.“

Stimmen zur Auszeichnung:

Kulturstaatsministerin Claudia Roth: „Mit der Entscheidung des Preisgerichts gehen wir heute in der bedeutenden Generalsanierung des Deutschen Nationaltheaters Weimar einen großen Schritt voran. Ich gratuliere den Gewinnerinnen und Gewinnern des Planungswettbewerbs und danke allen Bewerberinnen und Bewerbern sowie den Sachverständigen, die sich mit ihrer Expertise in die fundierten Beratungen des Preisgerichts eingebracht haben. Das Deutsche Nationaltheater Weimar ist durch seine große Bedeutung für die deutsche Demokratiegeschichte und als Kulturstandort einzigartig. An diesem Ort wurde 1919 die Verfassung der Weimarer Republik ausgearbeitet und verabschiedet − und das traditionsreiche renommierte Drei-Sparten-Haus strahlt mit seinen Aufführungen weiterhin zurecht weit über Weimar hinaus aus. Deswegen unterstützt der Bund im bewährten Schulterschluss mit dem Land Thüringen und der Stadt Weimar die umfassende Sanierung, Erhaltung und Modernisierung des Deutschen Nationaltheaters.”

Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Theatergesellschaft und Kulturminister des Freistaats Thüringen, lobte das insgesamt hohe Niveau der Wettbewerbsbeiträge: „Das Deutsche Nationaltheater Weimar hat seit seiner Entstehung eine Strahlkraft weit über die Grenzen der Stadt Weimar hinaus – insbesondere seit der verfassungsgebenden Nationalversammlung im Jahr 1919 ist es ein zentraler Ort der Demokratiegeschichte in Deutschland. Als in vielerlei Hinsicht stilprägendes Drei-Sparten-Haus ist es bis heute sowohl ein Ort für höchsten Kunstgenuss als auch für kontroverse Diskurse über das Zusammenleben, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft. Nicht minder hochkarätig waren alle eingereichten Entwürfe des Planungswettbewerbs. Sie haben es der Jury nicht leichtgemacht, aus all den guten Einreichungen die besten auszuwählen. Dennoch bin ich überzeugt, dass uns dies in einem intensiven Beratungsprozess gelungen ist. Ich danke allen, die an diesem arbeitsintensiven Prozess tatkräftig mitgewirkt haben, insbesondere natürlich den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der einreichenden Architektur- und Ingenieurbüros, die mit kreativen Ideen und sachorientierten Lösungsvorschlägen der Historie des Deutschen Nationaltheaters ebenso Rechnung getragen haben wie einer zukunftsorientierten Gebäudestruktur, die für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Gäste des Hauses optimale Voraussetzungen schaffen wird.“

Oberbürgermeister Peter Kleine zeigt sich zufrieden: „Ein großer Schritt auf dem Weg der Generalsanierung des DNT ist getan. Die Jury hat sich sehr intensiv mit allen Konzepten zum Haupthaus auseinandergesetzt. Auch wenn keiner der Entwürfe alle Kriterien voll erfüllt hat, so stellen die nun Prämierten dennoch eine gute Basis dar, die in Richtung eines Optimums weiterentwickelt werden kann. Die Generalsanierung des DNT ist eine einmalige Chance, mit Hilfe von Bund und Land diesem bedeutenden Theaterbau künftig zusätzliche Strahlkraft zu verleihen. Wir werden sie gemeinsam nutzen.“

Sabine Rühl, Geschäftsführerin der Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar GmbH, ergänzt: „Das Ergebnis des Wettbewerbs stimmt mich optimistisch. Wir haben nun konkrete Perspektiven, dass es gelingen kann, durch die Generalsanierung ein in jeder Hinsicht zeitgemäß aufgestelltes Theater zu erhalten. Dies gilt für die Belange des Publikums, den künstlerischen Produktionsprozess und als Arbeitsstätte für unsere Beschäftigten. Nun gilt es, im weiteren Verfahren und im Dialog mit den Planern einen Entwurf zu qualifizieren, der in die Umsetzung geht.“

Hochkarätige Jury für einen anspruchsvollen Wettbewerb

Die Jury setzte sich aus acht Fach- und sieben Sachpreisrichterinnen und -richtern, neun Stellvertreterinnen und Stellvertretern sowie 23 nicht stimmberichtigten Sachverständigen zusammen. Zu den Mitgliedern zählten renommierte Architektinnen und Architekten, Ingenieurinnen und Ingenieure, Vertreterinnen und Vertreter der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Landes Thüringen und des Weimarer Stadtrats sowie Expertinnen und Experten u.a. für Denkmalschutz, Kultur, Theatertechnik und Nachhaltigkeit.

Die generalplanerische Leistung des Wettbewerbs umfasste die Architekturplanung, die TGA-Planung, die Tragwerksplanung, die Brandschutzplanung sowie die Planung des Wärmeschutzes und der Energiebilanzierung. Ein zentraler Aspekt der Auslobung war die sensible bauliche Erweiterung des Einzeldenkmals durch Aufstockung in Teilbereichen, unter Beachtung der integrativen Aspekte für die Gestaltung des Denkmalensembles Altstadt. Dem nicht offenen, 1-phasigen, interdisziplinaren Realisierungswettbewerb gem. den Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW 2013) war ein Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet.

Nächste Schritte im Sanierungsprozess

Mit der Entscheidung des Preisgerichts beginnt die zweite Phase des Vergabeverfahrens um die Planung der Generalsanierung des Haupthauses. Nun folgt das Verhandlungsverfahren gemäß Vergabeverordnung, in dem die prämierten Entwürfe einer umfassenden Bewertung unterzogen werden. Hierbei fließen neben der gestalterischen Qualität auch die Leistungsfähigkeit und Herangehensweise der Bewerberinnen und Bewerber sowie wirtschaftliche Aspekte in die Entscheidungsfindung ein. Das Ergebnis des Planungswettbewerbs wird bei der Entscheidung hoch gewichtet, wobei die drei drittplatzierten Entwürfe gleichberechtigt in die Bewertung gehen. Damit kommt den Antworten auf die Kritikpunkte der Jury noch einmal wesentliche Bedeutung zu.

Nach Abschluss des Vergabeverfahrens wird zunächst die Planung durch das ausgewählte Büro erarbeitet. Der vorgesehene Baubeginn für das Haupthaus am Theaterplatz bleibt unverändert für das Jahr 2027, mit einer anvisierten Fertigstellung im Frühjahr 2032.

Ausstellung der Wettbewerbsbeiträge

Interessierte Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit, alle eingereichten Entwürfe in einer öffentlichen Ausstellung vom 13. bis 22.  September 2024 im Marie-Juchacz-Saal in der Stadtverwaltung, Schwanseestraße 17, zu besichtigen. Diese Präsentation bietet einen umfassenden Einblick in die vielfältigen Ideen zur Zukunft des Deutschen Nationaltheaters Weimar. Die Ausstellung ist montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 16 Uhr barrierefrei zugänglich.

Hintergrund zur Generalsanierung

Die Generalsanierung des Deutschen Nationaltheaters Weimar ist ein Projekt von außerordentlicher Bedeutung für die Kulturstadt Weimar und darüber hinaus. Das 1908 errichtete Gebäude bedarf einer umfassenden Modernisierung, um den heutigen Anforderungen an Sicherheit, Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Gleichzeitig gilt es, den historischen Charakter und die kulturelle Bedeutung des Hauses zu bewahren. Das Gesamtprojekt besteht aus drei Teilprojekten (TP):

  • TP 1: die Generalsanierung, Umstrukturierung und moderate Erweiterung am Haupthaus unter Berücksichtigung denkmalrechtlicher und städtebaulicher Randbedingungen,
  • TP 2: der Neubau für die Unterbringung der Theaterwerkstätten,
  • TP 3: die geringfügige Erweiterung der bereits bestehenden Redoute.

Die Generalsanierung umfasst neben der technischen Erneuerung auch die Optimierung der Arbeitsabläufe und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Ensemble, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Durch diese umfassende Modernisierung wird das DNT Weimar für künftige Generationen als lebendiger Ort der Kunst und Kultur gesichert.

Die Generalsanierung des DNT wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und die Thüringer Staatskanzlei. Als Bauherrin fungiert die Stadt Weimar in enger Abstimmung mit dem Theater als Nutzer.